Veranstaltungen
Fr, 21.04.2023 - Sa, 22.04.2023
GOETHES „FAUST“ UND DIE GELDSCHÖPFUNG AUS DEM NICHTS
Kurzbeschreibung
Freitag, 21. 4. 2023
17:00 Uhr: Grußwort des Bürgermeisters der Stadt Staufen Michael Benitz
17:15 Uhr: Michael Jaeger (Berlin), Marco Lehmann-Waffenschmidt (Dresden):Faust, Geld und Inflation: Einführung in die Thematik
18:00 Uhr: Werner Plumpe (Frankfurt): Hemmungslose Entgrenzung: Was ist neu am Kapitalismus?
Samstag, 22. 4. 2023
9:00 Uhr: Michael Jaeger (Berlin):Die Verwandlung der Welt in der Papiergeldszene in Goethes Faust-Drama
10:00 Uhr: Mathias Binswanger (Olten, St. Gallen):Geldschöpfung und Wachstumszwang: Faust und die Dynamik desKapitalismus
11:00 Uhr: Karl-Friedrich Israel (Saarbrücken)Soziale und kulturelle Folgen von Inflation12:15-13:45 Uhr: Mittagspause14:00 Uhr: Marco Lehmann-Waffenschmidt (Dresden):„Heut Abend wieg ich mich im Grundbesitz!“ Gewinner und Verlierervon Entgrenzungsprozessen
15:00 Uhr: Jasmin Rutscher (Dresden):Die Nähe von monetärer und religiöser Schuld – eine Analyse zumEuroraum
16:00 Uhr: Roland Wöller (Berlin/Dresden):Der faustische Pakt der EZB zwischen Staatsverschuldung und Inflation– oder: Die Entgrenzung der modernen Geldpolitik
Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei.
Um Anmeldung wird gebeten unter: info@faust-international.de
Beschreibung
Eine Tagung anlässlich des 100. Jahrestages der Hyperinflation in Deutschland
Die Figur des historischen Johann Georg Faust (vermutlich 1480 – 1540) ist in der Geistesgeschichte eng mit dem Thema der Finanz- und Wirtschaftskrisen verbunden und mit deren Motiven derleeren Staats-Kassen, der Schuldenberge sowie der wundersamen Ideen zur Krisenüberwindung. Der legendäre Alchemist Doktor Faustus versprach den Mächtigen seiner Zeit – darunter demBurgherrn Anton von Staufen –, er könne deren finanziellen Notstand durch die magische Verwandlung wertloser Stoffe in die kostbarste Substanz schlechthin, in Gold, beheben. Hinter derVerheißung Fausts steht die Utopie, die Grenze zwischen dem Wertlosen und dem Wertvollen überwinden und zuletzt aus nichts einen authentischen Wert herstellen zu können.
Als archetypischer Grenzüberschreiter geht Faust dann ein in die Ideengeschichte der Moderne. Als solcher tritt er auf in Goethes Fausttragödie, auch hier (im zweiten Teil) als vermeintlicherRetter in einer Staats- und Finanzkrise, der nun allerdings nicht mehr als Goldmacher, sondern im Verbund mit Mephisto als Schöpfer des neuen Papiergeldes einen Ausweg aus der Misereverspricht. Dies soll abermals durch die Verwandlung des Nichtigen (an sich wertloser Papierzettel) ins Wertvolle, in kaufkräftige Geldscheine, vonstatten gehen.
Mit seiner Fortschreibung der Faustgeschichte gelang Goethe – so die These des Volkswirtschaftlers Hans Christoph Binswanger – eine modellhafte Darstellung der modernen Finanzökonomie sowohl in ihren wohlstandsmehrenden wie in ihren riskanten Aspekten. Denn die gleichsam magische Schöpfung des Wohlstands aus dem Nichts durch das staatlich autorisierte, aber stoffwertlose fiat money kann sich in der Krise des modernen Geldsystems auch wieder umkehren, wenn die Inflation die neu erschaffenen Vermögenswerte verschlingt und insursprüngliche Nichts zurückverwandelt.
Ausgehend von Goethes modellhafter Darstellung der modernen Wirtschaft im Faust-Drama und von Binswangers Analyse der quasi „magischen“ Wertschöpfung durch die moderne Finanzökonomie wird die Staufener Tagung aus Anlass des 100. Jahrestages der Hyperinflation (1923-2023) den Blick auf die offenbar nicht zu trennenden Phänomene der Geldschöpfung und der Geldentwertung richten. Die Vorträge werden die Inflationsthematik in ideen- und wirtschaftsgeschichtlicher sowie in aktueller finanzwissenschaftlicher Perspektive erörtern.
