Skulpturen in Staufen

Ein Überblick

Staufen verfügt über eine große Zahl an Skulpturen, die im öffentlichen Raum aufgestellt sind. An vielen Stellen prägen sie wesentlich das Bild der Stadt.

Kurt Lehmann (1905-2000)

Kurt Lehmann zählt zu den wichtigsten deutschen Bildhauern der Nachkriegszeit. Seine Skulpturen prägen heute vor allem zwei Städte, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Hannover und Staufen. In Hannover war Lehmann von 1949–1970 als Professor an der Architekturabteilung der Technischen Hochschule tätig. Der mit mehreren angesehenen Preisen ausgezeichnete Künstler erhielt in dieser Zeit zahlreiche Aufträge zur künstlerischen Gestaltung öffentlicher Bauten und Plätze. Nach seiner Emeritierung kam Lehmann 1970 nach Staufen, wo der bekannte „Bacchus“ sein Spätwerk einleitete. Die beiden letzten Lebensjahre verbrachte Lehmann wieder in Hannover.

Seine erste künstlerische Ausbildung erhielt Lehmann bei dem Bildhauer Alfred Vocke (1886-1944) an der Staatlichen Kunstakademie in Kassel . Wichtiger noch war für ihn, wie für eine ganze Generation deutscher Bildhauer, der Einfluss Aristide Maillols (1861-1944). Zahlreiche Studienreisen in der Vor- und Nachkriegszeit ermöglichten es Lehmann, eine Kunst zu studieren, die sich an klassisch-antiken Vorbildern orientierte. So atmen seine Skulpturen den Geist eines tiefen, nicht selten humorvollen Humanismus, der sich bis heute dem Betrachter unmittelbar erschließt.

Die folgenden Ausführungen nach: C. Diedrichs, Kurt Lehmann in Staufen. Werke im öffentlichen Raum, Hamburg 2025.

Weiblicher Halbakt, 1926

(Standort: Bötzenstr. 25)

Der „weibliche Halbakt“ gehört zu Lehmanns frühesten Werken, die er noch während seiner Ausbildung bei Alfred Vocke schuf. Bei seiner Konzeption orientierte er sich an einem Prinzip, das noch auf Michelangelo (1475-1564) zurückgeht und das paradigmatisch an seinem "David" in Florenz zu verfolgen ist: dem Prinzip der Mehransichtigkeit. Im Umschreiten der Skulptur erkennt der Betrachter mehrere Phasen einer Geschichte bzw. Entwicklung.

Im Fall des "Halbakts" geht es um ein Mädchen, das mit den ersten Anzeichen seiner Pubertät konfrontiert wird. „Aus jeder Perspektive bleibt die Figur die Darstellung einer jungen Frau, die an der vielleicht wichtigsten Schwelle ihres Lebens steht: vom Mädchen zur Frau. Bei ihrem Umschreiten erkennt der Betrachter aber, wie beim 'David' in Florenz, verschiedene Stadien dieser Entwicklung, die in ihrem Fall bei der Verunsicherung, sogar Frustration des Mädchens angesichts der Veränderungen ihres Körpers beginnt (Blick von rechts). Das Mädchen scheint zunächst mit einem gewissen Trotz zu reagieren. Der Blick von vorn zeugt von Trauer angesichts der Erfahrung, dass eine Lebensphase unwiederbringlich zu Ende geht, während jene Frau, die sich dem Blick von links zeigt, entschlossen zu sein scheint, die Veränderungen anzunehmen und sich auf sie einzulassen." Sie hat bereits damit begonnen, die Möglichkeiten ihrer neugewonnenen, weiblichen Reize auszuloten. (Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 38f)

Kurt Lehmann lebte und arbeitete von 1970 bis 1998 in dem Haus, auf dessen Grundstück die Skulptur heute steht. Daran erinnert der rechts vom Grundstück beginnende „Kurt-Lehmann-Weg“.

Junge mit Taube, 1953

(Standort: Auf dem Graben, gegenüber Haus Nr. 36)

Der unbekleidete „Junge mit Taube“, wurde von Lehmann in einer kleinen Fassung (Bronze, 1953, H: 25 cm) und in einer nur unwesentlich veränderten großen Fassung hergestellt.

Der Junge, für den Lehmann den Sohn einer Freundin der Familie aus Hannover zum Vorbild genommen hat, stand in seiner Entwicklung noch vor der Pubertät. Formal strahlt die aus polierter Bronze gefertigte Skulptur die Wirkung einer "fast buddhistischen Zentriertheit aus". Er berührt kaum den Boden, hockt wie schwerelos nur auf seinen Fußspitzen, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren. "Aus allen Perspektiven scheint der Knabe, der offensichtlich tief in die Betrachtung des Vogels [in seinen Händen] versunken ist, vollkommen mit sich eins zu sein - in unerschütterlicher, innerer Balance, die sich in seinem Äußeren ausdrückt." Damit verkörpert er einen Zustand, den der erwachsene Mensch gewöhnlich verloren hat, dessen Verlust er aber zeitlebens beklagt: "daher", wie Friedrich Schiller schreibt, uns der Anblick solcher Kinder stets "mit einer gewissen Wehmut erfüllt." (Nach: C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 40-47). 

Der erste Entwurf der Figur, von deren vier Güssen einer in einem Innenhof von Hannovers Tellkampf-Schule seinen Platz gefunden hat, geht ins Jahr 1936 zurück.

Hirtenjunge, 1954

(Standort: Garten des Alten Spitals, Spitalstr. 33/Kirchstraße)

Auch in dieser Skulptur hat Lehmann sich thematisch mit Kindheit und Jugend beschäftigt. Wieder ist die Figur aus Bronze gefertigt, doch nun ist die Oberfläche anders behandelt. Sie ist leicht aufgeraut, wirkt uneben, unfertig. Das entspricht dem Selbstempfinden des dargestellten Knaben: seine innere Einheit ist der Verunsicherung der Pubertät gewichen. Seine Haltung ist einerseits instabil - der Knabe ist so schmal, dass er den Eindruck vermittelt, ein Windhauch könne ihn umwerfen - andererseits offen. Die über den Kopf gelegten Arme lassen den gesamten, schmächtigen Körper ohne jeden Schutz. Zugleich macht der Junge einen vorsichtigen Schritt nach vorn.

"Während der 'Junge mit Taube' noch eine kindliche, 'vollkommene innere Einheit' verkörperte, der der sich selbst entfremdete, erwachsene Mensch gewöhnlich nachtrauert, zeigt Lehmann im 'Hirtenknaben' denselben Jungen wenige Jahre später. Nun ist er unsicher, unentschlossen angesichts seines Stands in der Welt. Mit seinem eigenen, unbewussten, unreflektierten Selbstverständnis ist die instinktive Selbstsicherheit verloren gegangen. Der Junge ist sich selbst fragwürdig geworden. Dass in ihm, dem pubertierenden Knaben, bereits neue Möglichkeiten stecken, zeigt sein sich unmerklich zur Männlichkeit entwickelnder Körper [...]. Immerhin macht er trotz seiner Verunsicherung, seiner inneren Gespaltenheit einen vorsichtigen Schritt, scheint sich dem Abenteuer des Lebens, das anders aussieht als das, was er bisher kennt, also durchaus stellen zu wollen." (C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 52)

Die Figur fand auf der III. Biennale in Sao Paulo 1955 allgemeine Anerkennung und kam in die engste Wahl für den Großen internationalen Preis der Plastik. Der „Hirtenjunge“ ist 1954 entstanden, geht aber auf eine etwa zehn Jahre ältere kleinformatige Arbeit zurück.

Klage, 1966

(Standort: Friedhof, Eingang zur Aussegnungshalle)

Die Skulptur mit dem Titel „Klage“ präsentiert sich auf den ersten Blick als ein unübersichtliches Knäuel abstrahierter Formen. Anders als bei dem 'Hirtenknaben' mit seiner grundsätzlich offenen Körperhaltung verschließt sich die 'Klage' dem Zugriff des Betrachters, und zwar buchstäblich. Erst durch den Blick von oben wird deutlich, dass es sich um eine in sich zusammengesunkene Gestalt handelt, die ihren Kopf tief zwischen ihren Armen vergraben hat.

Lehmann bedient sich in diesem Fall der Abstraktion. "Die Skulptur wirkt wie aus porösen, nahezu unbearbeiteten Tonbrocken zusammengesetzt, deren Ecken und Kanten ungeglättet stehengelassen wurden. [...] Gerade durch die Abstraktion aber, durch die ungeschlachten, groben Formen der Skulptur wird die Tiefe und das Grauen der ungetrösteten Trauer erst richtig spürbar. Denn auch dies vermittelt die hermetisch in sich selbst abgeschottete Figur: die absolute Verlassenheit des in der Trauer versunkenen Menschen." 

Besser als "Klage" würde der Titel "Trauer" dem Werk entsprechen. "'Klage' bezeichnet etwas, das mit einem deutlich vernehmbaren Geräusch verbunden ist [wie z.B. bei den sog. Klageweibern]. Lehmanns Skulptur dagegen zeigt die absolute Verlassenheit eines in tiefster stille versunkenen, trauernden Menschen, der [...] geräuschlos in seine Trauer vertieft ist." (C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 54-60)

Femme debout, 1972

(Standort: Ecke Hauptstr. 65/Mühlegasse 2)

Der Titel dieser Skulptur, "Femme debout", ist zugleich ein Fachbegriff. Lehmann stellt seine Skulptur damit in die Tradition von Darstellungen anderer Künstler (z.B. Alberto Giacometti, Pablo Picasso). Der direkte Vergleich schärft das Auge für die Eigenarten von Lehmanns Werk. "Hier sind nicht nur die Formen rundlicher, die ganze Körpersprache bewirkt, dass diese Figur [...] ganz in sich zurückgezogen wirkt, als sei sie tief in Betrachtung versunken."

"Nicht nur die vage erotische Haltung des Unterleibs der Frau betont ihre Weiblichkeit. Die Form der ausladenden Hüften und die im Verhältnis schmalere Taille tragen ebenfalls zu diesem Eindruck bei. Zudem bildet die Stellung ihrer Arme, der Hände und ihres Kopfs eine unverkennbar weibliche Körperhaltung: sie hat die Arme über ihrer Brust gekreuzt und stützt ihr Kinn in die Hand des rechten, aufgestellten Arms. Das Kinn ist leicht angehoben. Diese Geste ist bei Frauen häufig, bei Männern dagegen in dieser Form nur sehr selten zu beobachten. [...] Auch diese Frau schaut nachdenklich, vielleicht sogar traurig. Sie steht jedoch in ihrer ganzen, unverkennbar weiblichen Körperlichkeit aufrecht da mit fast stolz erhobenem Kinn und betrachtet zugleich aufmerksam und in sich gekehrt etwas, das sich nicht weit von ihr entfernt befindet." Dabei verknüpft der schwere Sockel, aus dem die sie hervorzuwachsen scheint, die Frau unlösbar mit der Erde. Sie "wächst aus der Erde hervor, als sei sie ein Teil von ihr und habe noch immer Anteil an dem Wissen, das in ihr liegt. [...] In ihrer Versunkenheit stellt sie über ihren Blick eine Verbindung zwischen der 'Welt' und der 'Erde', zu einer (im Wortsinn) tieferen Wahrheit des Lebens her, ohne dass daraus eine Art intellektueller Auseinandersetzung oder, wie bei Picasso und anderen, gar eine Bedrohung würde."" (C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 62-75)

Bacchus, 1975/76

(Standort: Ecke Krozinger Straße/Sixtgasse)

Die Übersiedlung nach Staufen 1970 bedeutet für Lehmann den Beginn eines Spätwerks aus den Erfahrungen der Fülle des Lebens. Die große Nähe zur Natur und der tägliche Anblick einer Landschaft, die maßgeblich von Weinbergen geprägt wird, weckten in ihm ein dionysisches Lebensgefühl. "Bacchus, der in der griechischen Mythologie den Namen Dionysos trägt, war bei den Römern der Gott des Weins, der Ekstase, der Feste und des Theaters. er galt als zügelloser Anhänger des Rauschs und nicht selten derber Späße."

Es darf angenommen werden, dass Lehmann hier einerseits einen Zug seiner eigenen Persönlichkeit darstellte: seine ungebrochene Lebenslust, seine aktive Suche nach und seine Teilhabe an der Fülle des Lebens. Zugleich steckt in dem Dionysischen seines Werks wie ein untrennbares Spiegelbild das Apollinische, das Friedrich Nietzsche (1844-1900) dem Dionysisch-Körperlichen als das Geistige Prinzip gegenüber gesetzt hat. Lehmann bekannte sich mit seiner Skulptur - wie viele andere Künstler auch - zu beiden Prinzipien.

Lehmanns 'Bacchus' "ist weder jung, noch ist er schön. Aber er hat sichtlich Spaß, was nicht nur mit dem Genuss von Wein zu tun haben mag, sondern ebenfalls mit der im Markgräflerland fast immer scheinenden, mediterran-warmen Sonne, die ihm auf seinen wohlgerundeten Bauch scheint, und nicht zuletzt mit einer gewissen an Oszönität grenzenden Freizügigkeit, an der man an der Figur des vollständig nackten, sichtlich berauschten Gottes auch aufgrund der Aufstellung der Skulptur auf einem recht hohen Sockel nicht vorbeikommt." (C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 78)

Die Figur wurde nach einer kleineren ersten Fassung 1975/1976 für den Freiburger Seepark und 1997 für Staufen ausgeführt.

Nereide, 1976/79

(Standort: Münstertäler Straße 2, vor dem Gebäude der Sparkasse bzw. neben dem Keramikmuseum)

Auch die jüngste der großen Skulpturen von Kurt Lehmann in Staufens öffentlichem Raum zeugt von Sinnenfreude. Dabei handelt es sich in diesem Fall um ein abstraktes Kunstwerk, noch dazu eines mit einem geheimnisvoll wirkenden Namen.

Die Bronzefigur „Nereide“ stellt eine der Meeresnymphen aus dem Gefolge des Poseidon und der Amphitrite dar. Wie die antike Sage überliefert, erheitern diese mythischen Wesen die Seeleute durch Spiel und Tanz und helfen ihnen in Bedrängnis.

"Dem Anschein nach könnte die [tanzende] Nymphe ein leichtes Gewand tragen, das durch ihre schwungvollen Bewegungen [...] in luftige Schwingungen gerät. In diesem Fall ist es erst die zweite Assoziation, die an Wasser denken lässt, das zwischen den Steinen im Bachbett hindurchfließt. Übrigens ist es interessant, dass sich ausgerechnet in [Erhart] Kästners 1971 erschienenem Buch 'Aufstand der Dinge' - das Lehmann mit Sicherheit kannte - eine Formulierung findet, die wie eine Beschreibung dieses Phänomens klingt: Kästner spricht darin von dem 'Quirlwasser auf Bachkiesel', durch das man 'auf den Grund sehn' könne. Etwas Quirliges scheint dieses Wasser bzw. Lehmanns Figur tatsächlich zu haben." (C. Diedrichs, Lehmann in Staufen, S. 90f; das Kästner-Zitat in: E. Kästner, Aufstand der Dinge, Frankfurt/M 1973, S. 25) 

Diese Skulptur ist ebenfalls im Park der Medizinischen Hochschule Hannover zu finden.

Ludwig Weber (1922-2013)

Stiller wirkt das in Staufen nicht minder präsente Werk Ludwig Webers. Der seit 1957 als Bildhauer in Staufen tätige Weber schuf mit seinen Skulpturen auf dem Friedhof, dem Schladererplatz und dem Bonnevilleplatz Werke mit einer zeitlosen Formensprache.

Ludwig Weber erhielt seine erste künstlerische Ausbildung bei Walter Schelenz an der Kunsthandwerkschule Bonndorf, die er an der Akademie der Schönen Künste von Brera in Mailand bei Marino Marini fortsetzte. Bewusst beziehen Webers durchgängig abstrakte Bildwerke das Umfeld des Kunstwerks mit ein. Häufig symmetrisch gestaltete Durchbrüche in den Skulpturen lassen für den Betrachter den Stein mit seinem natürlichen Umfeld verschmelzen. Zugleich legt sich der Stein schützend um die offenen Zentren. So wirken Webers stets titellose Werke zurückhaltend, dabei aber kraftvoll und harmonisch. Weber selbst sprach von Versöhnung und Nächstenliebe als zentralen Motiven seiner Kunst.

Brunnen Schladererplatz, 1970

Der große Brunnen auf dem Schladererplatz wurde anlässlich des 1200-jährigen Jubiläums der Ersterwähnung von Staufen errichtet. In der rund drei Tonnen schweren, großen Schale verharrt das vom Stein am Rand gehaltene Brunnenwasser ruhig. In der Brunnenmitte ist es dagegen Sieger: aus einem vom Wasser aufgebrochenen Würfel strömt es in die Schale. Wasser und Stein, das Fließende und das Beharrende halten sich die Waage.
Weitere Brunnenanlagen Webers befinden sich auf den Friedhöfen Staufen und Grunern.

Feldkreuz am Schlossberg (sogenanntes "Freudigkreuz"), 1975

Das Kreuz am Schlossberg ersetzte ein altes Kreuz, das zum Gedenken an zwei Brüder errichtet worden war. Im Streit um das Erbe hatte einer den anderen mit der Rebhacke getötet. Webers Kreuz ist Mahnung an den Tod des Erschlagenen, aber das Kreuz wird auch von der dahinter stehenden, höheren Säule gehalten und tröstend umschlungen. So wird das Kreuz zugleich zum Symbol für Brüderlichkeit und Nächstenliebe.

Ehrenmal für die Opfer der Weltkriege, 1976

Das am Hauptweg zur Aussegnungshalle stehende monumentale Ehrenmal greift das christliche Symbol des Kreuzes gleich mehrfach auf, vom äußeren Umriss bis hin zum kreuzförmigen Durchbruch in der Steinmitte. Besonders eindrucksvoll wirkt der Durchbruch an einigen Tagen im Frühjahr und im Herbst, wenn die Sonne unmittelbar durch das Kreuz scheint. Dabei meint das Kreuz nicht allein den Tod, sondern den christlichen Glauben schlechthin. Es ist das Kreuz, das den schweren Stein aus Schwarzwaldgranit öffnet und dem Betrachter weitere Perspektiven erlaubt.

Kreuz in der Aussegnungshalle, 1976

Das aus Tombak gearbeitete Kreuz zeigt mit Kreisen und Strahlen sowohl Konzentration auf die Mitte der Skulptur als auch die von dieser Mitte ausgehende Strahlkraft. Dabei bleibt die Mitte des Kreuzes leer: was im Zentrum des christlichen Glaubens steht, bleibt ungesagt. Das Kreuz ist der Tod, aber zugleich auch die im Unbestimmten liegende Verheißung des ewigen Lebens. Mit wenigen geometrischen Elementen gelingt Weber hier eine würdige Ausstattung der städtischen Aussegnungshalle.

Stele auf dem Bonneville-Platz, 2013

Weber übergab die Skulptur 2013 der Stadt Staufen für die Neugestaltung des der französischen Partnerstadt Bonneville gewidmeten Platzes. Ein in zwei Teile gespaltener Stein bewahrt in seiner Mitte eine mit wenigen Kerben hervorgehobene Stele. Wie Wächter sind die beiden äußeren Steine voneinander getrennt, neigen sich jedoch kaum sichtbar einander zu und hüten die Stele in ihrer Mitte wie die beiden Städte die Städtepartnerschaft und das kostbare Geschenk der deutsch-französischen Freundschaft hüten sollen.

Norbert Bühler (*1966): "Das Paar"

Der gelernte Schlosser Norbert Bühler lebt und arbeitet in Staufen, wo er am Schlossberg ein Atelier betreibt. Die Skulptur „Das Paar“ entstand 1994 anlässlich des Abschlusses der Städtepartnerschaft Staufens mit Kazimierz Dolny in Polen. Die Idee zu der Skulptur kam dem Künstler nach dem Staufener Johannisfeuer, als er aus der kalten Asche verformte Nägel zog. Bühlers humorvolle und froh stimmende Werke greifen häufig Ideen auf, die er aus der Arbeit mit altem Metall gewinnt.

Astrid Hohorst (*1961)

Astrid Hohorst hat nach einer Buchdruckerlehre an der Kunstakademie Karlsruhe studiert und war Meisterschülerin von Stephan Balkenhol. Seit 2004 arbeitet sie in einem Ateilier im E-Werk Freiburg. Die in der Kirchstraße ausgestellte Arbeit ist aus Epoxydharz gegossen und zusammen mit dem Stahlsockel etwa 1,6 Meter hoch. Die an ein Tier erinnernde Form gleitet ruhig durch die Kirchstraße.
 

Franz Gutmann (1928-2024)

Wetterfahne, Bronceplastik

Seit dem 9. Februar 2023 steht die Bronze-Skluptur "Große Windsbraut" von Franz Gutmann an der Ostseite der Belchenhalle in Staufen. Es handelt sich um eine Dauerleihgabe des Landes Baden-Württemberg.
In der Gestalt der Windsbraut verbinden sich Züge der germanischen und der griechischen Mythologie. Gutmanns Windsbraut erscheint wie in einem Ballett-Sprung gebannt, steht entsprechend unbeweglich in der Luft, dreht sich allerdings wie eine Wetterfahne mit dem Wind. Mit ihrem wehenden, wellenförmigen Haar, ihrer Gelenkigkeit und den runden Körperformen steht sie für das Weibliche schlechthin. Der Spagat, den die Beine der Windsbraut ausführen, macht ihre starke Plastizität auch aus der extremen Untersicht erfahrbar. Sie sei "schön, stark und klug wie eine Frau" betont Gutmanns Ehefrau Karin Gutmann bei der Einweihung und "als Herrin der Winde möge sie einen Sprung in eine neue Zeit symbolisieren."

Franz Gutmann, der bekannteste Künstler unseres Raums, ist in Staufen mit einer weiteren Skulpturen vertreten. Der 1964 für das Zollamt in Breisach geschaffene Brunnen kam 1995 vor das Wettelbrunner Bürgerhaus. Ein Brunnentrog aus Schwarzwälder Granit erinnert zunächst an Dorfbrunnen, doch ist die übliche Brunnensäule verkürzt. Das Wasser kommt nicht aus der Säule, sondern aus einer gesonderten, schlangenartigen Zuleitung, die mit einem markanten Viertelbogen das Rechteck des Trogs ergänzt. Das kräftig aus dem Rohr herauskommende Wasser nimmt im Herabfallen den Viertelbogen seinerseits auf. Auf der Brunnensäule steht das Wort "Wasser" in mehreren europäischen Sprachen.

Franz-Gerhard Müller (1926-2005) "Durchblick"

Der aus Eichwalde bei Berlin stammende Steinbildhauer Franz-Gerhard Müller zog in den 1960er Jahren nach Staufen, wo er eine Bildhauerwerkstatt in der Wettelbrunner Straße übernahm. Ein Teil seines bildhauerischen Nachlasses kam an die Stadt Staufen, darunter die auf dem Kirchplatz stehende Skulptur „Durchblick“. Müller schuf aus dem roten Sandstein eine ruhig fließende Form, die sich schützend um den eiförmigen „Durchblick“ legt.

Marco Ohnesorge (*1960) zweiteilige Arbeit "Skulpturenweg"

Der Steinbildhauer Marco Ohnesorge lebt und arbeitet in Staufen. Die zweiteilige Arbeit „Skulpturenweg“ am Bahnhof besteht aus einer hohen Holzsäule, auf der in Piktogrammen die Geschichte des Staufener Skulpturenwegs 1996/97 dargestellt ist, sowie einem Granitfindling mit archaisch-astronomischen Symbolen. Wie Wegmarken begrüßt die Skulptur die am Bahnhof Ankommenden und führt in die künstlerische Atmosphäre der Stadt ein.

Dietrich Schön (*1954) "Bromokül"

Das "Bromokül" auf der Wiese vor dem Annahof (Auf dem Rempart) ist eine Dauerleihgabe von Elmar Bernauer an die Stadt Staufen.
Man sieht ein karrenartiges Fahrzeug, dessen aus Halbkugeln gebildete Oberfläche an den Echsenpanzer eines Urweltreptils ebenso erinnert, wie an eine Molekülzusammenballung, eine Traube oder einen Klumpen Froschlaich. Funktionaltechnische Momente (Räder, schornsteinartiger Trichter) verzahnen sich mit organoid aufgeladenen Aspekten. Die einzelnen Teile lassen sich nicht trennen, sie gehen ineinander über, beziehen sich aufeinander, bedingen sich sogar, obwohl sie inhaltlich sehr weit auseinander liegen. Der bucklig molekülartig aufgebaute Echsenpanzer "braucht" die Räder als konträres Spannungselement. Genau im Rahmen zwischen Kontingenz und Brüchigkeit bewegen sich nahezu alle Skulpturen Dietrich Schöns, dessen Werk von der Sehnsucht nach ständiger Erneuerung geprägt ist. (...) Der solide, verlässliche Eindruck, den sie auf den ersten Blick vermitteln, löst sich auf und macht einem Eindruck Platz, wie beim Auftauchen einer Fata Morgana: Die gestochen scharfe Klarheit, die die Dinge von Weitem ausstrahlen, verschwimmt beim Näherkommen, bis am Ende alles, was man zu sehen meinte verschwunden ist.
aus einem Text von Prof. Dr. Stephan Berg, Kunstmuseum Bonn 1997

Der In Rottweil geborene Dietrich Schön ist seit 1985 freischaffender Bildhauer und hatte von 2011 – 2020 einen Lehrauftrag an der hkdm Hochschule für Kunst Design und Musik in Freiburg / Macromedia, und  seit 2020 den Lehrauftrag an der Freien Landesakademie Kunst in Freiburg inne.
www.dietrich-schoen.de

Marco Schuler (*1972) "Orbi"

Mit dem 2012 für den Belchen geschaffenen monumentalen „Orbi“ des im Markgräflerland lebenden Bildhauers Marco Schuler wird eine gut 5 Meter hohe Skulptur der Öffentlichkeit erneut zugänglich gemacht. Das turmähnliche Objekt, gefertigt aus 30 Bänken des Papstbesuchs 2011 in Freiburg, erinnert an archaische Idole. Vier Augenhöhlen, die den Weltkreis in den Blick nehmen (lateinisch orbis – der Weltkreis), verleihen ihm menschliche Ausdruckskraft und machen es zu einem freundlichen Riesen.

"Orbi" ist umfänglich dokumentiert, vgl. http://www.marcoschuler.net/orbi/orbi.html.

Das zugehörige Buch ist 2013 erschienen: Marco Schuler: Orbi: Sculpture, Painting, Video, Verlag Christoph Merian 2013.

Video von der Eröffnung 2019 in Staufen durch Vernissage TV

Texte: Die Beschreibungen der Skulpturen von Kurt Lehmann sind entnommen aus Rudolf Lange: „Kurt Lehmann – Ein Bildhauerleben“, Hannover 2005; übrige Texte: Jörg Martin, Stadt Staufen.