„Wochenmärkte nicht kampflos aufgeben“
Studien zu Innenstadt-Attraktivität und Wochenmärkten beim „ZukunftsforumWirtschaft und Kommune“ der IHK Südlicher Oberrhein in Bad Krozingen vorgestellt
Wie attraktiv sind die Innenstädte in Baden-Württemberg, insbesondere am südlichen Oberrhein? Wie kann die Aufenthaltsqualität weiter gesteigert werden? Welche Rolle spielen dabei die Wochenmärkte? Solche und viele andere Fragen wurden beim „Zukunftsforum Wirtschaft und Kommune“ der IHK Südlicher Oberrhein vergangene Woche in Bad Krozingen diskutiert.
Vorgestellt wurde unter anderem eine Vergleichsstudie zur Attraktivität von baden-württembergischen Innenstädten. Das Marktforschungsinstitut Emergent Actio aus Ihringen hatte in den vergangenen Monaten 11.000 Interviews in 103 Städten im Südwesten und 9.000 Online-Interviews zur persönlichen Zufriedenheit mit der Innenstadt geführt. Die Befragten konnten zu unterschiedlichen Punkten Schulnoten von eins bis sechs vergeben. Die badischen Kommunen entlang des Oberrheins schneiden besonders gut ab. Mit der Gesamtnote 1,64 landet Staufen auf Platz eins, gefolgt von Haslach im Kinzigtal (1,88) und Ettlingen (1,96). Gegenbach (1,97) schafft es auf Platz vier, Endingen (2,07) ist Fünfter. Bühl (2,23) erreichte Platz neun. Der durchschnittliche Wert für die Attraktivität baden-württembergischer Innenstädte liegt bei 2,71.
Noch ein interessantes Ergebnis aus den Passantenbefragungen: 56 Prozent der Wochenmarktbesucher erledigen zusätzliche Einkäufe, und 84 Prozent der Wochenmarktbesucher kommen mindestens einmal pro Woche in die Innenstadt. Wer keine Wochenmärkte besucht, geht seltener in die City. Zudem wollen 37 Prozent der Wochenmarktbesucher auch die Atmosphäre im Stadtkern genießen. „Es geht längst nicht mehr nur um den Verkauf von Lebensmitteln“, sagte Ulrich Hartung von Emergent Actio. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Kommunen sollten für ihren Markt ein gutes Umfeld und ein breites Angebot schaffen.
Für IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Dieter Salomon ist klar: „Wochenmärkte sind nicht nur Orte des Einkaufens, sondern auch Treffpunkte und Orte der Kultur mit eigenem Flair.“ Das gelte es zu bewahren, um einer Verödung der Städte vorzubeugen. Man dürfe Wochenmärkte „nicht kampflos aufgeben“, beschied Salomon. Ähnlich äußerte sich Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, per Videobotschaft.
Doch wie sieht die aktuelle Situation der heimischen Wochenmärkte derzeit aus? Die IHK Südlicher Oberrhein hatte dazu in diesem Frühjahr eine eigene Umfrage durchgeführt. Fast die Hälfte der antwortenden Kommunen haben zwei Markttage in der Woche – meist dienstags und samstags. Ihren Platz haben diese im Zentrum, berichtete IHK-Innenstadtberater Thomas Kaiser. Der kleinste Markt ist in Heitersheim mit vier Ständen, Primus ist Freiburg mit 130. Auf Platz zwei liegt Kehl mit mehr als 60 Ständen. Wenn es um das Verhältnis Einwohner zu Marktständen geht, rangiert allerdings Haslach an erster Stelle.
Gefragt nach den Schwächen oder Herausforderungen, sind es vor allem die Punkte Werbung, die zu geringe Angebotsbreite, die schwindende Zahl der Marktbeschicker und deren Verlässlichkeit, die von Kommunen genannt werden. Die Misserfolgsfaktoren aus Sicht der Besucher fasste Kaiser unter dem Stichpunkt „Vier verliert“ zusammen: „Zu wenig Marktbeschicker, keine angenehme Aufenthaltsqualität – etwa durch Autoverkehr oder Radler im oder um den Markt herum – sowie ein schlechtes Erscheinungsbild der Marktstände und Missgunst zwischen den Beschickern – also ein angespanntes Klima.“ Dagegen lässt sich ein „Vier gewinnt“ der Erfolgsfaktoren setzen: „Dies sind der richtige Zeitpunkt, eine gute Lage in einer Umgebung mit Flair, regionale Vielfalt sowie Marktkaufleute mit Qualitätsanspruch und Authentizität.“ Ein Problem, das fast alle Kommunen vereint: Immer weniger Marktbeschicker. Kaiser: „Der Markt der suchenden Kommunen ist deutlich größer als das Angebot.“
Für Citymanager Wolfgang Koch von der Agentur Meyer & Koch aus Endingen ist klar, was Wochenmärkte den Menschen bedeuten: „Sie sind der Treffpunkt in einer Stadt und eine Erlebniswelt in der ‚Erlebniswelt Stadt‘. Hier verbinden sich Freizeit und Konsum.“ Dass Marktatmosphäre etwas Besonderes ist, sei allein daran zu erkennen, dass viele Supermärkte ihre Obst- und Gemüseabteilungen wie einen Markt gestalten – mit Markisen, Kisten und Fußboden aus Kopfsteinpflaster-Laminat. Der Citymanager plädierte dafür, lokale
Institutionen, Vereine und Kulturschaffende in die Planung einzubeziehen und dem Markt werblich ein eigenes Gesicht zu verleihen: „Corporate Design ist Pflicht!"
Pressemitteilung Nr. 13/2024 der IHK Südlicher Oberrhein vom 21.05.2024